KIUWIT - Netzwerk "Wiesenbrüterschutz" in Nordwest -Brandenburg
Ziele
Wer kennt sie noch, die Wiesenvögel wie: Kiebitz, Rotschenkel, Uferschnepfe, Großer Brachvogel, Bekassine? Ihre Rufe läuteten ehemals in den feuchten Wiesenlandschaften das Frühjahr ein. Doch die typischen Wiesenvögel der großen Fluss-Niederungen sind kaum noch zu vernehmen. Ihre Bestände sind in den letzten zehn, zwanzig Jahren stark zurückgegangen. Um diesen Trend aufzuhalten und umzukehren haben sich drei typische Wiesenvogelgebiete in Nordwest Brandenburg zusammen getan und das Projekt „Wiesenbrüterschutz“ initiiert.
Ziel des Projektes ist es, ein Netzwerk von Beteiligten aufzubauen, das sowohl einen intensiven fachlichen Austausch ermöglicht als auch an der richtigen Stelle Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensräume erarbeitet und umsetzt.
Kurzbeschreibung
Im „Unteren Elbtal“ im Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe, in der „Niederung der Unteren Havel“ im Naturpark Westhavelland sowie im „Rhin-Havelluch“ wählten die Antragsteller Regionen aus, in denen noch einige der Wiesenbrüter vorkommen. Gemeinsam abgestimmte Maßnahmen sollen helfen, die Situation der Bestände langfristig zu verbessern. Das Projekt erfordert eine enge Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen einer Vielzahl von Akteurinnen und Akteuren aus der Landwirtschaft, der Flächennutzung, der Wasserwirtschaft und dem Naturschutz sowie den Behörden, den Landschaftspflegeverbänden, den Kreisbauernverbänden, ehrenamtlich Helfenden und anderen regionalen Partnerinnen und Partnern.
Aktivitäten
Die Projektgruppe traf sich im November 2022 mit den beteiligten Ornithologen in Linum und Anfang März 2023 in größerer Runde im Auenforum Lenzen mit dem Ziel, das Vorgehen zum Schutz der Wiesenbrüter auf breiter Basis abzustimmen.
Den Kartierungsergebnissen und Beobachtungen des ersten Projektjahr zufolge sind Arten, wie Kampfläufer, Uferschnepfe und Großer Brachvogel im Nordwesten Brandenburgs als Brutvögel verschwunden. Übrig geblieben ist der Kiebitz mit zumeist sehr wenigen Brutpaaren, so dass eine Koloniebildung kaum noch möglich ist. (Ursprünglich haben die Wiesenvögel in Kolonien im Feuchtgrünland gebrütet und ihre Feinde, wie z. B. den Fuchs, gemeinsam vertrieben.)
Zum Schutz von Brutplätzen des Kiebitz vor Bodenprädatoren wurde 2022 im Rahmen des KIUWIT-Projektes eine elektrisch gesicherte Zaunanlage im Polder „Große Grabenniederung“ im Naturpark Westhavelland aufgebaut. Dabei wurden zehn Hektar Acker und acht Hektar Grünland mit Elektro-Schafweidezäunen umstellt. Durch die Elektrozäune wurden insgesamt 29 Kiebitzgelege geschützt. Aus den 85 Eiern schlüpften 76 Junge. Peter Haase, dem wir die genauen Daten zu verdanken haben, stellte fest: Die Kiebitzkolonie entwickelte im Laufe der Brutzeit eine sehr starke Verteidigungskraft gegen Luftfeinde. Diese und weitere Details können im Bericht nachgelesen werden.
Im Projekt wird der Fokus in erster Linie auf die Wiederherstellung der Lebensräume gelegt. Darum wurde im 1. Jahr in den drei großen Niederungsgebieten sowohl nach brütenden Kiebitzen, als auch nach Möglichkeiten für Wasserrückhalt geschaut. Im weiteren Verlauf sollen Umsetzungsmaßnahmen so weit wie möglich vorbereitet werden, um den Lebensraum für Wiesenbrüter zu verbessern.
Da Schutzbemühungen für Kiebitz und andere Wiesenbrüter meist mit Wasserstandsanhebungen einher gehen, sind Veränderungen in der Vegetationszusammensetzung und der Bewirtschaftung vorprogrammiert. Um Ertragsausfall und/oder Mehraufwand in Zahlen ausdrücken zu können, wurde im Rahmen des Projektes eine Studie in Auftrag gegeben. Diese untersucht die Höhe des Ertragsausfalls durch verminderte Futterqualität des Ernteguts und schätzt die eventuell zusätzlichen Arbeitsaufwendungen ein. Ziel ist es, eine Grundlage für eventuelle Entschädigungen zu erhalten.
Netzwerkarbeit und Erfahrungsaustausch
Im Juni 2023 besuchte eine kleine Delegation (aus Kiuwit-Projekt-Team, Naturschutzfonds Brandenburg, Naturpark Westhavelland, Nuthe-Nieplitz) das NSG "Bingenheimer Ried" in der Gemeinde Echzell im hessischen Wetteraukreis. Das Bingenheimer Ried liegt etwa 40 Kilometer nordöstlich von Frankfurt/Main. Das 85 Hektar große Ried wurde 1985 zum Naturschutzgebiet erklärt, ursprünglich zum Schutz und Erhalt der Brutgebiete von Entenvögeln. Im Frühjahr und Herbst sind Wiesen- und Schilfflächen überschwemmt. Sie bieten dann gute Voraussetzungen auch für die Brut von Wiesenvögeln.
Dieses Gebiet wurde mit einer festen Zaunanlage (Wildschutzzaun) versehen. Ziel ist es, den Wiesenbrütern Schutz vor Prädatoren zu bieten. Ob diese Form eine Lösung für den Artenschutz ist und wie die Öffentlichkeit, die Flächeneigentümer und die Bevölkerung vor Ort damit umgehen, das wollten die Brandenburger mit den hessischen Betreuern vor Ort diskutieren. Vor- und Nachteile, Kosten für den Aufbau und die Pflege der Zaunanlage, das Beweidungskonzept in dem umzäunten Bereich und die Bruterfolge standen im Mittelpunkt des Erfahrungsaustausches. Für die gemeinsame Netzwerkarbeit war dieser Besuch sehr informativ - und beflügelte beide Seiten hinsichtlich der weiteren Bemühungen zum Schutz der Wiesenbrüter.
Ergebnisse
Das erste Projektjahr diente dazu, sich einen Überblick über die Brutgebiete sowie Möglichkeiten zur Wiederherstellung geeigneter Lebensräume zu verschaffen.
2022 konnten in den untersuchten Projektgebieten keine Bruten von Kampfläufer, Uferschnepfe, Bekassine, Tüpfelsumpfhuhn, Wachtelkönig oder Großem Brachvogel festgestellt werden. Kiebitze wurden in fast allen Untersuchungsräumen beobachtet, also mit dem Vermerk versehen: Brutverdacht. Brutnachweise gab es an der Elbe und im Westhavelland. Im Rhin-/Havelluch sind die wenigen Gelege durch Boden-Prädatoren, wie Fuchs, Marder, Waschbär oder Beutegreifer aus der Luft zerstört worden. Im Havelländischen Luch gab es Brutversuche von Kiebitzen auf einer Ackerfläche, die jedoch nicht aufgefallen waren und somit bei der Bodenbearbeitung zerstört wurden. In 2023 wird dieser Fläche besonderes Augenmerk geschenkt, um vorhandene Gelege vor der Bewirtschaftung zu markieren, damit sie umfahren werden können.
Auf das KIUWIT-Projekt wurde durch Veranstaltungen, Medienarbeit sowie Kontaktaufnahmen zu Behörden, Großschutzgebietsverwaltungen und Ehrenamtlichen aufmerksam gemacht. Es wurden neue – auch überregionale – Kontakte geknüpft. Es gab Treffen in unterschiedlichen Gebieten und in unterschiedlicher „Zusammensetzung“, immer mit dem Ziel, das Netzwerk zum Schutz der Wiesenbrüter kontinuierlich auszubauen.
Laufzeit
2022 - 2024
Bundesland
Brandenburg
Fördermittelgeber
Land Brandenburg
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
Europäische Union