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Online-Tagung Herdenschutz in der Rinderhaltung

13.09.2022

Den Auftakt der DVL-Herdenschutztage 2022 bildete die Online-Fachtagung „Herdenschutz in der Rinderhaltung“ mit über 150 Teilnehmenden aus 14 Bundesländern sowie der Schweiz, Österreich und Slowenien. Im Einführungsvortrag erläuterte Dorit Mersmann vom Bundeszentrum für Weidetiere und Wolf nicht nur den Wert der Weidehaltung, sondern auch die aktuelle Bedrohungslage für Rinder durch den Wolf. Nach wie vor machen Nutztiere einen sehr geringen Anteil der Beute von Wölfen aus (je nach Rudel ca. 1–5 %), wogegen Deutschland die höchste Rehwilddichte in Europa hat. Von Übergriffen auf Nutztiere sind jedoch nicht nur Kleintiere (72 %) betroffen, sondern auch zunehmend Rinder (21 %, DBBW 2022).

Mit 172 getöteten Rindern hat Brandenburg 2021 bundesweit die höchste Risszahl. Mit 64 bestätigten Wolfsvorkommen ist Brandenburg zudem das Bundesland mit den meisten Wölfen. Carina Vogel, Herdenschutzberaterin am Landesamt für Umwelt, erläuterte daher die Situation und Vorgehensweise im Bundesland. Die Rissstatistiken zeigen, dass 75 % aller Risse dort passieren, wo Nutztiere nicht wolfsabweisend geschützt sind. Durch Wolfsrisse gefährdet sind Rinder vor allem in den ersten zwei Wochen nach der Geburt und in reinen Jungtiergruppen. Brandenburg bietet sowohl gewerblichen als auch privaten Tierhaltern kostenlos betriebsindividuelle Beratung sowie die Förderung der Investitionen an. Dazu gehören Festzäune für Abkalbekoppeln und mobile Weidezaunsysteme mit 4 bis 5 Litzen. Vogel betonte, wie wichtig konsequenter Herdenschutz bereits sei, bevor Wölfe auftreten, um einen Lerneffekt zu verhindern.

Anschließend wurden zwei Beispiele aus der Naturschutzpraxis vorgestellt: Primigenius-Geschäftsführer Dr. Stefan Reinhard erläuterte das Herdenschutzkonzept für die großflächige extensive Naturschutzbeweidung in Sachsen-Anhalt, und Wolfsexperte Theo Grüntjens teilte seine Beobachtungen über die Wechselwirkung von Wolf und Rinderbeweidung im Naturschutzgebiet Kiehnmoor im Norden Niedersachsens. Während Primigenius für die Abkalbungen Weiden wolfsabweisend eingerichtet hat und auf der großflächigen, ungesicherten Weide darauf achtet, dass alle Tiere gesund sind und zusammenbleiben, konnte Grüntjens mit Fotos eindrucksvoll belegen, wie sich die Rinderherden im Gebiet, zum Beispiel durch das Bilden einer Wagenburg, selbst vor Angriffen schützen. In 15 Jahren fand nur ein Wolfsriss an einem verletzten Kalb statt, der vermeidbar gewesen wäre. Beide Beispiele zeigen, wie durch Herdenmanagement und Aufbau einer heterogenen Herdenstruktur ein Zusammenleben mit Wölfen ohne Festzaunanlagen möglich ist.

Dass Herdenschutz auch auf Sonderstandorten wie Deichen und steilen Lagen möglich ist, stellte Dr. Markus Röhl von der Hochschule Nürtingen vor. Gemeinsam mit einem Expertenteam wertete er die Maßnahmen und Erfahrungen von ausgewählten Betrieben aus. Sowohl Systemmaßnahmen, wie Zaunanlagen, technische Maßnahmen, wie stationäre Erdungen oder Gewässerschutz als auch Herdenschutzhunde sind möglich und wirksam, bedeuten aber immer einen Mehraufwand für den Betrieb.Schließlich stellte der NABU Niedersachsen seine Feldstudie zur Wilddurchlässigkeit von wolfsabweisenden Festzäunen vor und beeindruckte mit Videoaufnahmen von Rehen und Hasen, die problemlos zwischen den Drähten durchsprangen. Mit der Studie konnte nachgewiesen werden, dass die untersuchten Weideflächen mit wolfsabweisendem Elektrofestzaun regelmäßig von verschiedenen Wildtieren aufgesucht wurden.

Die Vorträge können hier heruntergeladen werden.


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